Gratüberschreitung via Detmolder Grat 3360m

Region: Hohe Tauern

Technische Daten: AD-(ZS-), 40° Gletscher, Kletterei bis II UIAA, Klettersteig Schwierigkeit C

benötigte Zeit:
Hüttenzustieg 1h 15 min, Gipfelaufstieg 5h, Abstieg bis Tal 3,5h,

In der Summe: ca 10h.

 

Eine neue Welt für mich:
Direkt nach einer 2000hm Hochtour die nächste hinten dran hängen.
Normalerweise mache ich ja immer nur Wochenendtouren.
Also Samstag hin, Hüttenzustieg, Sonntag Gipfel und dann wieder nach Hause.

Das ist auf der einen Seite super stressig, weil man viel Fahrerei hat, für relativ wenig Bergzeit,
auf der anderen Seite aber für den Körper kein so großer Stress, weil er sich dann zwischen den Touren
schön erholen kann.

Weil das für mich auch so ein Neuland ist, habe ich im August meine Spaghettirunde im Monte Rosa Gebiet abgesagt. Weil ich dort nicht die Möglichkeit habe nach 2 Tagen zu sagen "so jetzt chill ich mal ein paar Tage".
Sondern da musst du eben weiter, ob du willst, oder nicht.

Ich habe dann Marius gebeten, einfach mal was "entspannteres" mit mir zu machen, als direkt eine 5 Tages Tour.

Das hat sich auch als richtig herausgestellt, weil nach der Tour hier auf die Hochalmspitze war ich auch ordentlich im Eimer und war froh, dann am Montag in der Nacht nach Hause zu kommen.

Aber beginnen wir von vorne:

Wie gesagt, hat es uns am Sonntag den 5.9. ins Maltatal, ca 60km östlich des Großglockners verschlagen, welchen wir am Samstag den 4.9. über den Stüdlgrat bestiegen hatten. Die Nacht dazwischen haben wir in einem booking.com Hotel in Lienz verbracht. Das tat gut. Ordentliches Frühstück, Duschen, frische Kleidung!

Am Sonntag wollten wir aber nicht allzuviel Zeit in dem Hotel verbringen, sondern recht früh schon auf der Hütte sein, weshalb wir dann um kurz nach 10 Uhr auscheckten und uns Richtung Malta begaben.

In der Fallerhütte im Maltatal haben wir zu Mittag gegessen. Super lecker und sehr empfehlenswert!

Nicht so empfehlenswert ist danach auf Google zu hören, wenn man zur Gießener Hütte navigiert!
Weil Google leitet dich dann dieMalta Hochalmstraße hoch zur Kölnbrein Staumauer. Zwar sehr schön, aber touristisch und mit 20€ Gebühren versehen.

Naja wir betrachten es einfach mal als Spende an die Region, die sich ja noch von von Corona erholen muss.

Als Navigationspunkt solltest du eher den Parkplatz am Gößkarspeicher angeben. Denn das ist auf 1680m der Ausgangspunkt für die Tour.

Von hier geht es entweder auf Schotter/Waldweg die Autopiste hoch, über die der Hüttenwirt der Gießener Hütte immer fährt, oder teils als Abkürzung direkt straight hoch durch den Wald. Wenn du es gemütlich angehen lassen willst, dann nimm den Weg fürs Auto. Man kann es auch teils teils machen, weil sich die Wege regelmäßig kreuzen.

Nach 1h15min und 540hm später standen wir an der Gießener Hütte auf 2217m. Sehr schön liegt sie mit der Sicht auf die Umliegenden Berge, und direkt hinter der Hütte sieht man schon den Gipfel der Hochalmspitze thronen.

Ich sage zwar direkt, aber zwischen Hütte und Gipfel liegen trotzdem noch stolze 1140 Höhenmeter und ca 4,5-5h Arbeit.

Gegen 18 Uhr gab es Abendessen. Einen Riesen Teller Spaghetti. Und mir Riesen meine ich wirklich riesen Teller..

Kurz nach 20 Uhr sind Marius und ich auch schon zur Nachtruhe nach oben gegangen und haben uns hingelegt. Wecker auf 4:30 Uhr, um 5:30 Uhr wollten wir starten, um den Sonnenaufgang weiter oben zu beobachten.

Hat geklappt! Pünktlich um 5:30 Uhr verließen wir die Hütte, und durch den vom Hüttenwirt gut markierten und ausgebauten Weg (Ich hasse ja Blockgelände, aber hier sind die Blöcke teils echt wie Stufen & Wege hingelegt) gewannen wir schnell an Höhe. Wichtig ist, dass man die Abzweigung zur Lassacher Winkelscharte nicht verpasst und Weg 519 und dann ab der Winkelscharte Weg 535 folgt.

Da hatte ich nämlich einen kleinen Verhauer, der uns ca Eine Stunde Zeit gekostet hat. Ich bin nämlich nicht nach rechts zur Winkelscharte hoch, sondern geradeaus, bis ich irgendwann fast auf einem anderen Gipfel raus gekommen bin. Doof, dass Marius und ich uns aufgrund Toilettenpausen getrennt hatten. Aber glückliche Nachricht für alle Smombies (Smartphone Zombies, Anm. d. Redaktion):

In der Lassacher Winkelscharte hat es LTE! Könntest also auch Netflix dort streamen.

Von der Winkelscharte auf ca 2860m geht es weiter zum ersten Dreitausender des Tages, der Winkelspitze auf 3150m. Von hier aus sieht der Gipfel der Hochalmspitze zum greifen nah aus.

Sind ja auch "nur noch" 200 Höhenmeter.

Theoretisch nicht viel, aber hier beginnt der spannendere Teil der Tour! Bis hier war es ja nur Wanderweg und Blockgelände. Marius und ich haben es übrigens Null-Bock-Gelände getauft, weil ich absolut kein Fan von bin.

Und weil ich auch kein Fan von Klettersteigen bin, habe ich geschaut, dass ich möglichst viel des Detmolder Grates umgehe. Sicher nicht Sinn und zweck, wenn man geplant hat, über den Detmolder Grat die Hochalmspitze zu überschreiten... Aber es waren Spuren im Firn unterhalb des Klettersteigs. Dieser Firn ist noch nicht Gletscher,
und der Hüttenwirt hat gesagt, dass es stressfrei begehbar ist. Gut, paar Meter weiter unten war eine doch sehr breite Randkluft.
Stürzen wäre also nicht so angesagt gewesen. Aber wo ist stürzen schon angesagt?

Irgendwann habe ich dann einen passenden Einstieg gefunden und bin die Felsen bis zum Klettersteig hoch geklettert. Die Kletterei bewegte sich im oberen dritten bis unteren vierten Grad, war also für mich auch seilfrei gut vertretbar.

Der Klettersteig am Detmolder Grat ist zwar landschaftlich schön, von der Kletterei am eigentlichen Steig allerdings hat er meine Liebe zu Klettersteigen nicht entfachen können. Ich kann einfach dem "sich-an-Stahlseilen-wo-hochziehen" nichts abgewinnen. Ich will lieber selbst klettern, am Fels. Weshalb ich hier auch größtenteils aufs Stahlseil verzichtet habe und den Grat fast ausschließlich auf Fels geklettert bin.

Angekommen am Gipfel haben wir uns aufgrund des bisherigen Wetters auf eine echt tolle Sicht gefreut... und wurden durch die Wolken dann doch etwas enttäuscht. Leider zug es kurz vor Erreichen des Gipfels zu und klarte erst danach wieder auf.

 

Wir stiegen ab über des Rudolstädter Weg, welcher auch erst dem Grat Richtung Steinerne Manndl folgt, und sich dann die Wahl ergab zwischen: Auf dem Gletscher einen ausgetretenen Pfad gehen, oder oben über den leichten Felsgrat kraxeln.

Marius und ich gingen hier wieder zwei unterschiedliche Wege, und ich entschied mich für den schnelleren über den ausgetretenen Gletscher. Auch wenn ich es hier gemacht habe: Einen Gletscher sollte man nicht alleine betreten! Die Gefahr eines Spaltensturzes ist nicht unerheblich. Lieber brauchst du ein paar Minuten länger und gehst oben über den Grat, als dein Leben zu riskieren.

Bei den Steinernen Manndl treffen beide Wege wieder zusammen, und hier geht es einen sehr steilen und ausgesetzten Klettersteig bergab zum Trippkees.
Ein Wahnsinns Tiefblick ergibt sich hier!
Schon sehr lohnenswert.
Für nicht ganz so Kletterstarke Seilschaften definitiv eine Tourenempfehlung!

Angekommen unten am Trippkees, welches hier bis zu 40° steil ist, empfiehlt es sich, die Steigeisen für das kurze steile Stück anzulegen. Aufs Seil haben wir, weil der Hüttenwirt gesagt hatte, dass der Gletscher dort sehr tot ist, und das der einzige Gletscherkontakt der Tour, bis auf meinen kleinen Umweg gewesen ist, verzichtet.

Dann das ganze Gröll wieder abgestiegen zur Gießener Hütte und ins Tal, entschieden wir uns, direkt nach Hause zu fahren. Wir wollten eigentlich am nächsten Tag noch die Weißseespitze im Kaunertal über die Nordwand besteigen, aber es waren keine idealen Nordwand Verhältnisse, und meine Beine waren einfach nur noch schwer.

So ging ein schöner 4 Tages Trip zu Ende, und wir fuhren zufrieden, mit 4000 Höhenmetern in den Beinen und 4 Dreitausendern nach Hause.

© 2021 Patrick Wörner

CLIMBER PROTECT

als Bergsteiger perfekt abgesichert