Hallo lieber Bergsteiger!
Nachdem das Versicherungs-ABC nun vorbei ist, habe ich mir etwas Zeit gelassen, mir eine neue Serie auszudenken. Ich werde hier auch keiner strikten Vorgabe mehr folgen, sondern möchte ab und an Menschen interviewen, denen am Berg etwas passiert ist, und die Ihre Geschichte erzählen wollen.

Der erste den ich dir vorstellen möchte, ist Daniel.

Daniel ist Österreicher und war in Lüsens Eisklettern vor einigen Wochen,
als über ihnen ein frei hänger Zapfen abgebrochen ist, und zu einem
gebrochenen Bein geführt hat.


Ich will mich hier nicht am Leid eines Menschen ergötzen und bereichern, indem
du dann bei mir unbedingt eine Versicherung abschließt, sondern ich will
damit dein Bewusstsein öffnen, dass auch bei vermeintlichen "Easy Afternoons"
was passieren kann.

 

1. Hey Daniel, Wie lange gehst du schon Bergsteigen?

Mit 17/18 haben wir angefangen mit dem wandern, es ist immer mehr geworden, leichte Grattouren, und seit ich in Innsbruck studiere auch mehr klettern und jetzt dann auch Eisklettern. Ich bin jetzt 23.

2. Was ist dein Verständnis von Sicherheit? Bist du eher der Sicherheitsbewusste Typ (der auch bei 5 Meter abseilen übertrieben gesagt die volle Prusikmontur anlegt) oder eher der Risikobereite Typ (Der auch mal nen 3er/4er Solo seilfrei klettern würde). Wo ordnest du dich ein?

Für mich ist es widersprüchlich. Ich nehme immer eine Prusikschlinge her, weil ich die immer am Gurt habe, aber nen 3er mit Kletterschuhen gehe ich schon Seilfrei, wobei auf Hochtour man auch nen 3er sichert. Andere beschreiben mich eher als sicherheitsbewusst.

3. Hast du Kurse besucht, oder wie hast du bisher dein Know-How am Berg dir angeeignet?

Bisher habe ich noch keinen einzigen Kurs gemacht, außer einen LVS/Lawinenkurs. Ich habe immer nur über Kollegen, Internet und YouTube gelernt. Mir ist aber wichtig, keinen Schritt auszulassen.

4. Dein Unfall: Wo siehst du die Fehlerquelle? Von außen (Natur) oder von Innen (Selbstverantwortung)?

Wir waren in Lüsens Eisklettern und wollten die „Easy Afternoon“, ne WI4 machen.
Wir waren zu fünft, haben uns auf 2 Seilschaften aufgeteilt. Im Zustieg haben wir gesehen, dass schon 2 Seilschaften in der Easy Afternoon drin waren. 2 von uns sind dann zu den hängenden Gärten gegangen (WI3/WI4) bis zu den Zapfen. Nachdem es recht kühl war und es keine großen Temperaturschwankungen gab, dachte ich, dass die Eiszapfen über uns halten. Hätte nicht gedacht, dass die so instabil sind. Ein ziemlich großer Zapfen ist dann abgebrochen während wir drunter standen und direkt auf uns drauf gefallen.
Es sind recht viele Umstände zusammengekommen. Wir haben auf Kollegen von uns gehört, die gesagt haben, dass das Eis dort gut ist. Wenn wir uns mit der Thematik besser ausgekannt hätten, hätten wir den Unfall verhindern können. Aber wir haben Pech gehabt und waren zur falschen Zeit am falschen Ort.

5. Wie häufig beschäftigst du dich mit Sicherheitstechniken für den Bergsport? Pro Jahr.

Vor jeder Saison frische ich mein Wissen auf, bzw wiederhole z.B. die Spaltenbergung, Standplatzbau, weil wenn man etwas nicht ganz so oft macht, muss man es zuhause immer erst üben. Um sich die Bewegungsabläufe in Erinnerung zu rufen.

6. Wie häufig hast du bisher überprüft, ob auch deine Versicherungen zu deinem Sport passen?

Bis jetzt noch nie. Ich bin im Alpenverein. Da war ich schon ganz glücklich, weil ich mit dem Hubschrauber dann direkt in die Klinik geflogen wurde, und der Alpenverein das übernommen hat. Ich konnte eben nicht mehr laufen mit meinem gebrochenen Oberschenkel. Auch der Heimtransport als ich entlassen wurde wurde bezahlt. Da hatte ich Glück, weil man nicht länger als 5 Tage im Krankenhaus liegen darf damit der Alpenverein das zahlt. Aber eine Unfallversicherung habe ich nicht.

7. Welche Versicherungen glaubst du, sind für einen Bergsteiger wichtig, außer der Alpenvereinsmitgliedschaft (Die ja nur die Bergung, aber nicht die finanziellen Folgen übernimmt)?

Ich habe über die Frage nachgedacht, aber weil ich mich überhaupt nicht auskenne, bin ich nur auf die Unfallversicherung gekommen, weil wir als Bergsteiger natürlich anfälliger für Unfälle sind.

8. Inwiefern wird dein Unfall deine Wahrnehmung von Sicherheit (im Bezug auf Entscheidungen am Berg und bei deinen Versicherungen) beeinflussen?


Ich weiß nicht, ob ich eine zusätzliche Versicherung brauche, weil so häufig passiert ja nichts. Ich werde aber vorsichtiger sein wenn ich wieder unterwegs bin. Sicher schadet es aber nicht, man muss eben abwägen, ob es einem wert ist.

Vielen Dank Daniel fürs Interview!

Was kann man aus seinem Erlebnis lernen und mitnehmen?
Was hätte der richtige Versicherungsschutz hier geholfen?

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Aber in den Bergen ist einfach nichts einbetoniert.
Steine fallen, Eis fällt, Lawinen werden ausgelöst. Und sogar mit richtig viel Erfahrung kannst du
Gegebenheiten auch mal falsch einschätzen. Und was helfen hier Versicherungen? Ehrlich?
Ne Unfallversicherung hätte hier nur je nach Versicherer und je nach gewähltem Paket 200-2000€ Schmerzensgeld bezahlt. Wiegt diese Summe den Schmerz eines gebrochenen Oberschenkels auf? Ganz sicher nicht.
Lieber hätte ich keinen Bruch und ein paar hundert € weniger, als den Bruch und das Geld.
ABER: Dass der Alpenverein hier die Bergung gezahlt hat und den Transport ins Krankenhaus ist schon sehr viel wert. Versicherungen sind sicher nicht die Lösung, aber die erhaltene Leistung stellt praktisch ein Schmiermittel für den finanziellen Schaden dar. Weil noch nerviger wäre es dann, im Nachgang sich um das bezahlen vom Heli, Krankenwagen und der Behandlung zu kümmern.

© 2021 Patrick Wörner

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