Gratüberschreitung Verpeilspitze via Nordgrat 3423m

Region: Kaunertal, Tirol

Technische Daten: AD+(ZS+) oder D-, V+ (UIAA) kein Gletscherkontakt
Zählt das dann noch als Hochtour? ;)

benötigte Zeit:
Biwakzustieg 2h, Gipfelaufstieg 10h (davon 1h bis zum Verpeiljoch, 9h Grat), Abstieg bis Hütte 2h,
Abstieg ins Tal 3h
In der Summe: ca 17h.
ohne Biwak voraussichtlich schneller.

 

Da meine geplante Spaghetti Tour ins Monte Rosa ausfiel, musste ein ansprechender Ersatz her. Also während der Tourenplanung ich zu Niklas: Such was langes schweres raus. Gesagt getan sucht er einen der längsten Tiroler Grate raus. Also war der Plan: Freitag Anreise zur Verpeilalm.

Von dort aus ging es bei schönstem Wetter durch den kurzen und vor allem
kurzweiligen Zustieg zur Verpeilhütte. Ein wunderschöner Fluss schlängelt sich hier durch den
Wald.

Angekommen an der Verpeilalm schlossen wir Freundschaften mit den Kühen.
Da wir allerdings noch vor der Dunkelheit unseren Biwakplatz erreichen wollten,
mussten wir weiter, um die ersten Höhenmeter zum Zustieg zum Verpeiljoch
zurückzulegen.

Praktisch jedes Mal, wenn wir uns umgedreht haben, sah das Tal noch besser, der
Himmel noch oranger und die Stimmung noch malerischer aus.
Es ist schwierig, sowas auf Handyfotos gut festzuhalten, ich habe aber das beste für euch gegeben ;)

Angekommen am Biwakspot auf ca 2400m haben wir Isomatte und Schlafsack ausgerollt,
ein schönes 3 Gänge Menü zu uns genommen, welches aus Fertigsandwiches, Bier und Erdnüssen
bestand. Perfekt! Sterneküche unterm Millionen Sterne Zelt.

 

5 Uhr in der früh, der Wecker klingelt. Zeit, das kuschlige Biwak zu verlassen.
Doch davor noch mal Sandwiches und Espresso zu sich nehmen, um die Lebensgeister
für einen wahrscheinlich sehr langen Tag zu wecken. so haben wir unseren Spot ca 30
Minuten vor Sonnenaufgang verlassen, und sind kurz nach selbigem am Verpeiljoch angekommen,
welcher den Anfang des Grates darstellt.
Der Aufstieg dort hin war durch eine Schotterlandschaft, welche teilweise mit Holztritten versichert wurde.
Alles sehr brüchig dort, also schon mal ein Vorgeschmack auf den Rest des Tages.
Der Sonnenaufgang am Verpeiljoch war grandios, die Stimmung ebenfalls!

Die ersten Meter des Grates stellen Gehgelände und leichte Kraxelei dar.
So könnte es ewig weiter gehen! Dafür sind wir aber nicht den langen Weg ins Kaunertal gefahren.
Also los, gib mir schwer und lang!

 

Dann kam schon der erste Steilaufschwung, für den wir erstmals das Seil heraus holten.
Diese 4er Stelle sah auf den ersten Blick schlimmer aus, als sie war. So ist es aber meistens.
Im Hintergrund sieht man den Schwabenkopf. Vielleicht ein Kletterziel fürs nächste Mal?

Wie wir noch merken dürfen, gibt das Kaunertal wahnsinnig viel her! Eine Woche würde sicher nicht reichen, alles zu erkunden.

 

Nach erstem Auf- und Abklettern standen wir dann auch schon vor der ersten beeindruckenden
Schlüsselstelle. Kurz fragen wir uns, wie wir das mit Zustiegsschuhen oder Bergstiefeln
klettern sollen. Mit dem offensichtlichen Riss, den Bohrhaken und ein wenig Kraft, um den
15 Kilo Rucksack hochzuschleppen, klappt das dann aber schon. Die schweren Stellen ist Niklas
im Vorstieg gegangen, die etwas leichteren dafür ich.

Angekommen an einem sehr markanten Turm, haben wir einen kleinen Verhauer hingelegt.
Erst mal abgeseilt und den Turm rechts (westseitig) umgangen, was sich als Fehler herausstellte. Wieder zurück zeigt Niklas auf den Bohrhaken (einer der 130 Stück in der Route).
Da sollen wir drüber? Sehr steil, aber mit mega guten Griffen geht es an die rechte Außenkante des Turms und wieder stellt sich heraus: Gar nicht mal so schlimm. Die Kletterei macht hier echt Spaß! Allerdings sollte
man einen 5er schon mit Bergstiefeln klettern können.

Nach ein paar Stunden Kletterei offenbart sich Mittags dann das erste Mal das Gipfelkreuz, und wir
waren schon kurz davor zu jubeln, dass wir fast da sind. Wenn man sich aber den Wegverlauf, die vielen
Türme etc. ansieht, dann weiß man: Das zieht sich noch!

Kurz vor Ende steilt sich der Grat nochmal gehörig auf, eine letzte 5er Stelle durch eine Verschneidung ist zu durchklettern, immer mit Blick gen Osten und Westen unten auf Gletscher. Was für eine bombastische Landschaft!

Und dann standen wir nach letztem Gehgelände tatsächlich am Gipfel der Verpeilspitze auf 3423m.

Nur schade, dass wir ab hier noch 2 Stunden Abstieg vor uns haben, und schon seit fast 2 Stunden kein Wasser mehr haben. Deshalb: Die Länge der Tour definitiv nicht unterschätzen! Bergsteigen.com sagt 8:30 inklusive Abstieg, die Zeit konnten wir aber mit dem schweren Biwakgepäck nicht halten. Ist aber auch kein Wettrennen :) Das wichtigste ist immernoch ankommen und Spaß haben!

Wie man sieht, hatte ich Spaß! :D
Also hatte ich schon, aber ich war auch wirklich am Ende mit den Kräften.

Hier sieht man die Watzespitze, eins der möglichen Ziele für nächstes Mal. Eigentlich wollten wir sie am Sonntag klettern, da ich mich aber durch Steinschlag am rechten Arm verletzt habe, und die Länge der Tour etwas unterschätzt habe, war ich kräftetechnisch dazu einfach nicht mehr in der Lage.
Deshalb: in das Tourengepäck gehört nicht nur der Steinschlaghelm, sondern auch eine Unfallversicherung!
Dafür bist du hier auf der Seite ja genau richtig, weil du in den weiteren Blogartikeln viel Content dazu findest.


Also haben wir die Kaunergrathütte und den freundlichen Hüttenwirt verlassen und haben uns auf den Abstieg zur Verpeilalm gemacht.

 

Kaunertal, du siehst mich definitiv wieder! Und wenns nur für einen Kaiserschmarrn auf der Verpeilhütte zusammen mit meiner Freundin ist :)

© 2021 Patrick Wörner

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