Mixedklettertour Rubihorn 1957m via "Klassische Nordwand" M4

Region: Allgäu

Technische Daten: 5 Seillängen bis M4, ca 400 Höhenmeter Kletterei

benötigte Zeit:
Zustieg zur Kletterei 2h inklusive Schnee/Schuttfeld hoch zur ersten SL, Kletterei 3,5h, Abstieg ca 2h,

In der Summe: ca 7,5h.

Lang ists her, dass ich hier einen Beitrag poste, aber da heute Karfreitag ist, und ich im März sehr viel gearbeitet habe und deshalb kaum Zeit für Blogbeiträge hatte, kommt dieser Artikel eben erst heute online :)

Kurz vorab: Die Rubihorn Klassische Nordwand war eine der schönsten Touren, die ich bisher gemacht habe. Dementsprechend lohnt es sich für dich nicht nur, den Beitrag zu lesen, sondern, falls die Fähigkeiten dafür da sind, die Tour bei entsprechend guten Konditionen ebenfalls zu gehen, es lohnt sich!

Die Tour haben wir Anfang März gemacht, eine Woche nach der Skitour auf den Ponten. Zu der Zeit (und jetzt auch) ging ja Corona rum wie sonstwas, weshalb auch hier diese Tour ein Plan A/B war. Geplant war sie schon, aber eigentlich wieder mit Konstantin. Aaron hatte aber ebenfalls Lust auf eine Tour, und als Konstantin wieder absagen musste aufgrund seines Sanitäterjobs, habe ich die Tour mit Aaron geplant und auch erfolgreich durchgeführt.

Planung und Durchführung wichen ein wenig voneinander ab, was aber nicht schlimm ist, aber lest selbst.
Wir wollten eigentlich am Gipfel biwakieren, weil eine klare Nacht vorhergesagt war und weil es (mittlerweile wissen wir es auch tatsächlich) am Gipfel genug Platz für ein Biwak zu zweit gibt.

So fuhren wir Samstag den 5. März morgens aus Stuttgart los, kamen etwa um halb 8 am Parkplatz an, und marschierten auch schon direkt los zur Gaisalpe. Dort angekommen überdachten wir aber unseren Plan.
Was, wenn es oben nicht genug Platz für ein Biwak gibt?
Und dann auch noch den ganzen Satz Eisschrauben für den Tag drauf mitschleppen?
(Wollten an den Gaisalpfällen noch eine Runde Eisklettern gehen)
Boah echt den schweren Winterschlafsack da durch die Kletterei hochschziehen?



Also haben wir unsere Sachen, die wir für die Kletterei nicht brauchen unten deponiert in einem versteckten Busch. Schön, wie leicht dann der Rucksack auf einmal war. 2kg für Daunenschlafsack und Isomatte merkt man eben.

Und so ging es dann leichten Fußes schön im Zickzack das Schneefeld hoch bis zu einem kleinen Vorsprung, an dem man Gurt, Steigeisen etc anlegen kann.

Die Aussicht war jetzt schon klasse, und die Aufregung stieg.

1. Seillänge: Eigentlich nicht wild. Meist Gehgelände mit etwas abstützen. Wir sind hier am laufenden Seil gegangen, haben ein zwei Zwischensicherungen angebracht, also Aaron, der diese erste Seillänge vorsteigen durfte. Es gibt einen kurzen Tricky Aufschwung, bei dem man auf einem kleinen Band relativ Griffarm nach rechts queren muss, das war es dann aber auch schon an Schwierigkeiten, bis man dann nach knappen 60 Metern am Stand ankommt. Dieser befindet sich an einer Art Fixseil, an dem man sich einclippen kann. Da die zweite Seillänge dann schon mehr Spaß macht, haben wir hier den ersten Wechsel gemacht und ich bin vorgestiegen.

2. Seillänge: Eine kurze Querung nach rechts, um dann ein Schnee und Eisfeld hochzupickeln. Ja, es gab sogar Eis! richtig schön war das. Wahrscheinlich eine WI 1-2 oder so, aber hey, es hatte Eis! Hier gab es genau eine Zwischensicherung in diesem Aufschwung, der ebenfalls mit einem Fixseil als improvisierten Zwischenstand endete, weil wir nur ein 50m Seil hatten. Mit 60 hätten wir die Seillänge vollständig bis zum eigentlichen Stand klettern können. Heißt also für diesen schönen Quergang mussten wir wieder wechseln, Aaron stieg vor bis zum Stand.


3. Seillänge. Ich übernahm ein weiteres mal die Führung. Laut Bergsteigen.com befinden wir uns erst in der zweiten Seillänge, aber eigentlich ist das doch völlig egal. Nach diesem Quergang der zweiten Seillänge kommt eine Art Verschneidung, die teils bröselig ist (hallo Allgäu), aber schön zu klettern. Nach diesem kurzen 3-4m hohen Aufschwung begann aber die Denkarbeit. Direkt vor mir befand sich ein großer Felszacken, der sich rechts einfach umklettern ließ, an dem Links aber eine Schlinge als Zwischensicherung war. Links des Felszackens war eine plattige Wand, die zwar massiv von Steigeisen zerkratzt war, aber von einer M3 so weit entfernt war wie es nur ging. Straight über den Felszacken zu klettern wäre auch deutlich schwerer gewesen, also entschied ich mich, ihn auf dem Weg des geringsten Widerstands rechts zu umklettern. Gesagt getan kam ich raus an...einer Platte. Scheiße. Die letzte Zwischensicherung war die Schlinge auf der anderen Seite dieses Felses, also durfte ich am Seil ziehen wie manche Sportler damals bei DSF die Lastwägen gezogen haben, so stark war die Seilreibung. Aber half alles nix, oben an dieser Platte gab es eine Felsspitze, an der ich einen mobilen Stand einrichten konnte, und Aaron das Kommando geben konnte, dass er nachklettern kann.

4. Seillänge: Diese hat mit der Beschreibung auf Bergsteigen.com nun gar nichts mehr gemeinsam, aber egal, just go up! Die letzte echte Kletterseillänge darf Aaron wieder vorsteigen, worüber ich tatsächlich froh bin, weil das auch gefühlt schwerer als M4 war. Wir befanden uns an einem Spot, an dem Es einfach 3m mehr oder weniger Senkrecht hoch ging, und wir unter Einsatz von Friends als Zwischensicherung hochklettern mussten. Unten der Einstieg in diese Steilstufe war es recht plattig, die Kletterei kurz, aber sehr knackig. Eisgeräte konnten sehr gut gehooked werden, teilweise war es aber sinnvoller, die Hände zum Klettern zu nehmen. Aaron ist super vorgestiegen, und hatte sichtlich Spaß :) Ich auch, ich habe mich aber beim ersten Versuch etwas schwer getan. So ist mir ein mal auch das Eisgerät abgerutscht und ich bin 3m nach unten gesegelt. Da es aber nur ein Nachstiegssturz war, und meine Eisgeräte per Leash befestigt waren, war es kein Problem. Kurz gesammelt, dann konnte ich die Steilstufe nachklettern. Hier ist wichtig, dass man die Eisgeräte schön verklemmt und die Steigeisen sauber und behutsam platziert. Dann ist diese Stelle auch ohne großen Krafteinsatz möglich. (Diese Seillänge liest sich etwas wie die 5. Seillänge auf Bergsteigen.com)

Und das war es dann eigentlich auch schon an Schwierigkeiten. Der Rest der Tour sind eigentlich knappe 400m Schneestapfen. Als ich aus der Steilstufe rauskam, haben wir auch gesehen, dass die anderen Spuren von wo anders kamen. Vielleicht haben wir ja eine neue Route eröffnet, haha!

Am Stand von Aaron angekommen, der einfach an so einer Latschenkiefer gemacht war (geil, dass das Ding meinen Sturz gehalten hat), haben wir wieder gewechselt.

5. Seillänge: Eigentlich nur Schneestapfen. Bis auf einen kurzen Steilaufschwung in Mixed/Eisgelände zum Wandbuch. Aber ab hier dann tatsächlich nur noch stupide Schneestapfen Bergauf. Irgendwann sieht man vor sich einen Wasserfall als Variante nach rechts. Das ist die sogenannte Wühlmausvariante. Als ich hier hoch spuren wollte, wusste ich auch, wieso diese Variante so heißt und habe mich dann dagegen entschieden. Die Zeit hätte zwar dicke gereicht, aber so lohnenwert wären diese paar Meter im Eis jetzt auch nicht mehr gewesen.

Also blieben wir ganz normal auf der Klassischen Nordwandroute, bis wir nach 5,5h ab Start vom Auto am Gipfel des Rubihorn ankamen und mit Sonne und phantastischem Wetter vom Schatten der Nordwand erlöst wurden. Hier gabs am Gipfel erst mal was zu essen und zu trinken und auch einfach mal 2h in der Sonne chillen.



Den Abstieg nahmen wir über die oberen Gaisalpfälle, die sehr verlockend aussahen! Maybe, maybe nächste Saison :)

Angekommen unten bei unserem Depot, nahmen wir Eisschrauben, Schlafsäcke etc wieder auf und suchten uns ein entspanntes Biwakplätzchen. Alles wurde schön ausgebreitet, wir waren super entspannt, bis dann die Frage aufkam, wer denn ein Feuerzeug dabei hat. Die Antwort: Keiner :D
Was ziemlich doof ist, wenn man biwakieren möchte, Schnee schmelzen muss für Wasser am nächsten Tag und um Essen zu haben. Wie blöd ist das bitte, dass wir alles dabei haben, und es dann an 20g Feuerzeug scheitert haha.

Wir hätten es natürlich erzwingen können, und trotzdem dort biwakieren können, aber es soll ja auch Spaß machen! Und ohne Essen im Magen und ohne wirklich was zu trinken macht es einfach sehr wenig Spaß.

Also entschlossen wir uns, das Biwak wann anders nachzuholen, und stattdessen zum Auto abzusteigen und nach Hause zu fahren.

Schade! Eine Biwaktour im Winter hätte ich sehr gerne gemacht. Also es war zwar eine Biwaktour, aber eben ohne Biwak. Das wird eine Lehre sein, und deshalb war es ja auch wertvoll :)

© 2021 Patrick Wörner

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