Anstieg über das Höllental

Region: Wettersteingebirge

Technische Daten: 30° Gletscher, Klettersteig B/C,

benötigte Zeit:
ca 5h aus dem Tal

ca 17km und 2200hm

Die Zugspitze ist für mich mittlerweile so ein richtiger Klassiker geworden.

Es war meine erste größere Bergtour, und wahrscheinlich habe ich dort meine Leidenschaft fürs Bergsteigen entdeckt. War ich 2019 noch das erste mal oben mit einem 58L Rucksack, Zelt, Schlafsack, Isomatte und ca. 15kg Gepäck auf dem Rücken, ist meine Ausrüstung dieses Mal deutlich minimalistischer gewesen.

Gegangen bin ich die Tour mit Nina aus Wien, die als Triathletin, Ultramarathonläuferin deutlich fitter ist, als ich bei meinem ersten mal Zugspitze. Wir kennen uns über Instagram, und wir wollten schon länger mal gemeinsam eine Tour gehen. Endlich hat es mal geklappt :)

Anreise war für uns beide am Freitag, 1.10.2021, also schon recht spät in der Saison.

Minimalistisch wie ich es mag war auch meine Nacht. Denn da ich Schwabe bin, und Nina die reiche Wienerin, schlief sie im Hotel, während ich es mir im Schlafsack im Auto gemütlich machte.

Merke: Beim Seat Leon FR lassen sich die Vordersitze weder komplett zurückklappen, noch komplett vor. Dh man liegt immer halb schräg. Gewöhnungsbedürftig, aber zumindest war ich wettergeschützt und durch den Schlafsack auch warm genug. Ich habe auch überraschend gut geschlafen, bis dann der Wecker morgens um 15 vor 5 klingelte.

Am Tag davor noch leckeren Dosenkaffee und 2 belegte Brötchen an der Tankstelle gekauft, stellten diese mein Frühstück dar. Egal wie früh es ist, ich brauche vor einer Bergtour immer etwas zu essen.

Danach dann die Tourenklamotten angezogen. Da es Oktober ist, war es tendenziell etwas kühler. Letztes Jahr bin ich noch im September in kurzer Hose los gegangen, diesmal sollte es dann die lange Softshellhose sein. Ebenso ein Merino Longsleeve, und eine dünne Primaloft Jacke.

Pünktlich um 5:30 Uhr war dann Nina an unserem Treffpunkt, an dem ich auch schlief.
Ich begrüßte sie mit Zahnbürste im Mund und noch halb am packen. Von groß wurde auf klein umgepackt.

Denn heute sollte es hoch gehen mit einem 5L Trailrunning Rucksack. Kurz überlegt: Wie bekomme ich da alles rein? Aber so viel war alles gar nicht...

Materialliste war:

2 Softflasks
Mammut Hochtourengurt (den ich direkt angezogen habe)
2 Bandschlingen inkl Karabiner, die ebenfalls direkt am Gurt waren.
2 Cliffbar Riegel
Faltstöcke Black Diamond Distance Carbon Z (geile Dinger!)
Eispickel Petzl Gully
Helm Petzl Sirocco
Grödel von Amazon
Erste Hilfe Set
1 Paar Merino Handschuhe
1 Paar Kletterhandschuhe
Sonnenbrille
Sonnencreme
Geldbeutel
Corona-Maulkorb

Eigentlich gar nicht so viel! Tatsächlich hat es auch alles in den 5L Trail-Rucksack gepasst.

So sind wir dann um 5:50 Uhr losmarschiert mit relativ zügigem Tempo.
Im Schein der Stirnlampen ging es erst mal am Hammerbach vorbei und dann in Serpentinen
Richtung Höllentalklamm. Hier gab es dann im dunkeln die Guten-Morgen-Dusche.

Schön war es! Auch dass wir keinen Eintritt in die Klamm zahlen mussten, weil wir so früh da waren,
hat mich als Schwabe natürlich gefreut. Direkt nach der Klamm waren wir dann nach etwas über einer Stunde gegen 7 Uhr an der Höllentalangerhütte.


Kurze Pinkelpause dort gemacht, ging es dann allerdings schon weiter Richtung Klettersteig. Da zwischen der Hütte und dem unteren Höllentalklettersteig viel flaches Gelände ist, konnten wir einen Teil der Strecke joggend zurücklegen. Mussten uns ja nach der kurzen Pause wieder adäquat aufwärmen.

Bild: Adrian Burst

So langsam ging dann auch die Sonne auf, als wir den oberen Teil des ersten Klettersteigs erreicht haben. Vor dem Brett haben wir dann einen Kerl getroffen, dem ich schon länger auf Instagram folge. Adrian ist ein talentierter Fotograf und hat spontan ein paar Bilder von uns geschossen. Lieben Dank dafür! ein paar verwende ich hier im Blog :) Er hatte ein noch schnelleres Tempo drauf als wir, also haben wir ihn leider bald aus dem Blick verloren :)

Dafür erschien nun das Schotterfeld und danach der Höllentalferner im Blickfeld. Als ich das erste mal durchs Höllental auf die Zugspitze bin war das Schotterfeld absolute Qual. Es hat sich so unendlich in die Länge gezogen. Keine Ahnung, was damals mit mir los war. Wahrscheinlich die mangelnde Fitness, oder der viel zu schwere Rucksack, aber der Schotter hatte sich da angefühlt wie Treibsand, der dich runterzieht.

Wir waren relativ schnell übers Schotterfeld gelaufen und am Fuße des aperen Gletschers.

Schon bis hier haben wir etliche Bergsteiger überholt die teils gleichzeitig oder vor uns von der Höllentalangerhütte los gelaufen sind, also rund 600 Höhenmeter weniger in den Beinen hatten, aber mit riesigen Rucksäcken und langsam unterwegs waren. Jetzt weiß ich, wie ich vor 2 Jahren dort ausgesehen haben muss.

Aber das eigentliche Spektakel bot sich uns dann auf dem Gletscher und im Klettersteig.

Während ich am Fuße des Gletschers meine Grödel über die Trailrunnig Schuhe zog, den Eispickel vom Rucksack entfernte und einen Riegel aß, schlappte eine Solo Bergsteigerin an mir vorbei, und im Augenwinkel sah ich, dass ihr Steigeisen einfach nicht zu den Schuhen passte und lose runter hing. Ich machte sie darauf aufmerksam, half ihr beim provisorischen Befestigen und ließ sie davon marschieren.

Ein paar Minuten später holten wir sie wieder ein, und das Steigeisen Szenario wiederholte sich. Ich fragte sie, was für Steigeisen das sind, und sie antwortete mir, dass sie diese von einem Freund geliehen hat. Die Steigeisen waren völlig falsch eingestellt, sehr alt und nicht für ihre Schuhe konzipiert. Damit auf einen aperen 30° steilen Gletscher zu gehen halte ich persönlich für groß fahrlässig.

Ein paar hundert Meter weiter hörten wir einen Schrei und mussten mit ansehen, wie ein weiterer Bergsteiger auf dem Gletscher den Halt verlor und etwa 50 Meter auf dem blanken Eis einfach nach unten Rutschte. Von einer zugeschneiten Spalte wurde er glücklicherweise ohne Verletzung aufgehalten.

Fazit: Leute, informiert auch auf der Website der Höllentalangerhütte über die aktuellen Tourenverhältnisse!
Dort steht explizit, dass Grödel bzw Steigeisen empfohlen sind. Und bitte bereitet euch auf so eine Tour nicht ausschließlich mit dem Schauen von Youtube Videos vor, sondern testet euer Material und lernt, damit vernünftig umzugehen!

Am Einstieg des Klettersteigs überholten wir noch eine polnische Siebenerseilschaft, die so langsam waren, dass sie wahrscheinlich nicht am Gipfel angekommen sind, als wir schon unten das zweite Bier getrunken haben.

Im Klettersteig an sich kamen wir recht flott voran, wobei das mit Abstand unser langsamstes Gelände war. Während ich praktisch alles ohne Sicherung gegangen bin, hat Nina brav das Klettersteigset eingehängt.

 

Das ist auch vorbildlich, wenn man die Tour nicht kennt! Ich für meinen Teil konnte es mit meinem Sicherheitsmanagement in meinem Know-How durchaus vertreten, bei einem Klettersteig der Schwierigkeit B keine Sicherung zu nutzen. Diese Entscheidung muss aber jeder für sich selbst treffen!

Im Klettersteig an sich hatten wir eine wunderbare Stimmung mit Wolken, Nebel und teils tollen Tiefblicken. Angekommen oben am Grat lag dann auch der von der Höllentalangerhütte angekündigte Schnee im Klettersteig. Dieser war aber so plattgedrückt mit einer Top Spur, dass er absolut kein Hindernis darstellte.

Pünktlich zur Ankunft am Gipfelkreuz klarte es dann auf, so dass wir eine tolle Rundumsicht genießen konnten.

Angekommen um kurz vor 11 Uhr konnten wir dann den Weg ins Tal mit der Gondel antreten, pünktlich zum Mittagessen.

© 2021 Patrick Wörner

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